Bericht über den Aufenthalt in Kairo und Alexandria
20 motivierte Menschen zwischen 16 und 47 Jahren wagten sich auf ein einmaliges Abenteuer. Die Gruppe aus dem Großraum Stuttgart und Böblingen bestand nicht aus irgendwelchen „normalen“ Menschen sondern sogenannte „Multiplikatoren“. Sie übernehmen in den unterschiedlichsten Bereichen ehrenamtliche Aufgaben und können somit das Erlebte in ihre Vereine, Schulen und Organisationen weitertragen . Dazu kommen die Freunde, Familien und Bekannte, die schon viel während diesem Projekt erfahren haben.
Am Anfang haben die Teilnehmer ein Motivationsschreiben erstellt und sich um die heiß begehrten Plätze beworben. So waren neben einer aktiven SPD-Ortschaftsrätin, ein Schülersprecher einer Realschule, eine FSJlerin und der Vorsitzende des Stadtjugendrings, Ausbildungssprecherin, Leitungsteamerin aus dem Waldheim Tannenberg und viele andere mit von der Partie. Zusammen mit einem 5-köpfigen Leitungsteam erlebten wir den Alltag von jungen Menschen, und ihre Motivation sich für das „Neue Ägypten“ einzusetzen.
Dabei hat unsere Partnerorganisation LIFEMAKERS wirklich großartige Arbeit geleistet, das Programm war besser als wir es je von einer
europäischen Organisation erlebt hatten. Wir durften einen Einblick bekommen in Sozialprojekte in kleinen Dörfern über Gespräche mit den unterschiedlichsten Parteien im Parlament bis hin zu neuen und jungen Medien. Dabei stand aber auch das persönliche Kennenlernen und die Diskussionen untereinander im Mittelpunkt.
Kontakt haben wir unseren Unterstützern in der Abteilung Außenbeziehungen in Stuttgart zu verdanken. Ohne die gute, vernetzte Arbeit in Stuttgart hätten wir die Möglichkeit nicht gehabt einen solch kompetenten Partner zu finden.
Die ersten zwei Tage unserer Reise waren zum akklimatisieren angedacht und zur Einstellung auf die neue Kultur, das Land und die gewaltige Geschichte. So waren wir an den Pyramiden, konnten der Sphinx (ja – wir haben gelernt, dass die Ägypter der Sphinx und nicht die Sphinx sagen) sehen, haben viel über die Geschichte des Landes im Ägyptischen Museum gelernt, wir sind auf dem Nil in einer
Felluka gefahren und haben Kairo bei Nacht auf dem Kairo-Tower bewundern dürfen. Neben den vielen inhaltlichen Schwerpunkten stand auch der menschliche Schwerpunkt im Mittelpunkt. In den ersten beiden Tagen unternahmen wir viele Gruppen-Findungs-Spiele, stellten uns gegenseitig unsere Träume und Erwartungen vor. Die nächsten vier Tagen wurden in den Kleingruppen verbracht und enthielten die inhaltliche Arbeit am Thema „Austausch von Demokratiewerten“. Jede Kleingruppe hatte ihr eigenes Programm, welches von LIFEMAKERS zusammen gestellt wurde. Die Gruppen bestanden jeweils aus vier jungen Menschen aus Ägypten und vier Deutschen, einen Dolmetscher und einem Teamleiter (Kameramann oder Fotograf oder Dramaturgin).
Unserem ägyptischen Partner war es dabei wichtig, dass jede Gruppe ein Projekt von LIFEMAKERS selbst kennenlernt. Die Organisation hat
über 15.000 ehrenamtliche Mitarbeiter in unterschiedlichen Bereichen. Sei es im Alphabetisierungskurs, bei Life Guardians (Sucht
und Drogenberatung bei Jugendlichen) oder den Mikro-Krediten. LIFEMAKERS ist wirklich eine große Hoffnung für das eigene
Land.
Das Film-Team war während der Kleingruppen-Arbeit im Parlament und durfte dort zwei Parteien interviewen und bei einer Frau, die durch
LIFEMAKERS eine zweite Chance bekommen hat. Durch einen Mikro-Kredit konnte sie einen kleinen Laden aufbauen und so ihre Tochter ernähren, die nun zur Schule gehen kann.
Das Foto-Team stellte Szenen nach, die die Revolution thematisieren. Hauptsächlich hielten sie sich in der Gegend um den
Tahrir-Platz auf. Die Gruppe wurde nach Benha, einer kleinen Stadt neben Kairo, gefahren und durfte zwei Familien besuchen, die
durch die Hilfe von LIFEMAKERS einen Webstuhl zur Verfügung haben und nun ihre Kinder wieder in die Schule schicken können. In Ägypten ist die Situation leider häufig so, dass die Kinder mithelfen müssen die Familie zu ernähren. So bleibt ihnen nicht die Chance in die Schule zu gehen.
Außerdem durfte das Foto-Team an einem Kurs zum Alphabetisieren teilnehmen und konnte miterleben wie ca. 10 Erwachsene ihr Zertifikat zur erfolgreichen Teilnahme des Kurses überreicht bekamen.
Das Lyrik-Team besuchte die Grabstelle von Safia Zaghloul und eine Statue mit dem Namen “ Mutterland“. Sie waren bei einer alleinerziehenden Witwe, die aus Überzeugung immernoch Burka trägt. Diese Frau berichtete aus ihrem Leben, was die Mädchengruppe sehr beeindruckte. Zudem hatte die Gruppe noch die Möglichkeit mit Bothaina Kamel zu sprechen. Die Frau ist die einzige weibliche Präsidentschaftskandidatin von Ägypten.
Am Freitag besuchte die gesamte Gruppe eine Moschee und nahm an den Freitagsgebeten teil. Danach empfingen uns die Schwester Boromäer,
eine Ordensgemeinschaft, die seit dem 19. Jahrhundert in Ägypten weilt. In Kario unterhalten die Schwestern eine Ambulanz und einen
deutschen Kindergarten. In die Ambulanz kommen Menschen, die sich einen normalen Arzt nicht leisten können. Hier können sie sich gegen einen kleinen Obulus untersuchen lassen und bekommen Salben mit nach Hause um ihre Wunden entsprechend versorgen zu können.
Danach ging es mit einem freiwilligen Teil der Gruppe nach Mokatam. Dieser Stadtteil oben auf den Bergen ist sehr schön gelegen und ist
bekannt durch seine Müllstadt. Hier leben Menschen von Müll, den sie aus der Stadt Kairo sammeln, trennen diesen und verkaufen ihn
wieder weiter an Unternehmen. Hier im Herzen der Müllstadt hat eine Mutter Teresa einen Kinderhort und ein Altenheim aufgebaut. Das Altenheim war für die Teilnehmer sehr erschreckend – in einem großen Raum lagen ca. 20 alte Menschen, die meisten zusammen gekauert und konnten sich nicht bewegen.
Am Sonntag reiste die Gruppe von Kairo nach Alexandria an die Küste. Die Fahrt unterbrache wir mitten in der Wüste bei einem Museum über den 2. Weltkrieg. Das Museum klärte die Teilnehmer über die Schlachten in der Wüste Nordafrikas auf, die Kämpfe waren zwischen Italien, Frankreich, England und Deutschland.
Die Tage in Alexandria waren den persönlichen Gesprächen und der Gruppe überlassen. Zum einen konnten dort die Projekte fertiggestellt werden, die in der Deutschen Evangelischen Oberschule (DEO) präsentiert werden sollten, zum anderen war Raum für Gruppenspiele, beispielsweise im Mntazah Garten, für Gespräche über Religion, Glauben, Revolution und Demokratie. Für einen freiwilligen Teil wurden aber auch touristische Ziele wie die Bibliothek, und die Zitadelle angeboten.
Den Hauptpunkt unserer Reise bildete die Präsentation der Ereignisse aus den drei Projektgruppen in der DEO. Bei unserem Vortrag
waren Vertreter der Deutschen Botschaft, des Vorstandes von LIFEMAKERS, des Gouverneurs von Kairo und des DAAD.(Deutscher Aktademischer Austauschdienst).
Am letzten Tag kochten die Deutschen Kartoffelsalat und Kässpätzle für die Ägypter und wir ließen den letzten Tag gemütlich im Hauptquartier der LIFEMKAERS ausklingen.
Der Abschied fiel sehr schwer und bei der letzten Feedback-Runde wurde deutlich, dass jeder Teilnehmer sich auf das Wiedersehen in
Deutschland freut.